Georg Berssenbrügge, seit 2017 Geschäftsführer der InterGest Germany GmbH, ist seit 2003 Steuerberater. Er kennt die Herausforderungen im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr, die seine Klienten täglich meistern müssen, sehr gut, insbesondere das Thema Verrechnungspreise beschäftigt ihn häufig: „Verrechnungspreise zwischen Muttergesellschaft und Auslandstochter richtig zu kalkulieren und zu dokumentieren ist für viele Unternehmen zu einer Herkulesaufgabe geworden, die nicht nur viele Fallstricke bereithält, sondern auch enorme Ressourcen bindet.“
Heute beantwortet er uns einige wichtige Fragen dazu:
WAS SIND VERRECHNUNGSPREISE?
Als Verrechnungspreise werden die Preise bezeichnet, die zwischen einzelnen, in unterschiedlichen Ländern niedergelassenen, verbundenen Unternehmen für konzerninterne Transaktionen (z. B. Warenlieferungen und Dienstleistungen) in Rechnung gestellt werden. Einfacher ausgedrückt: Verrechnungspreise sind interne Preise, die bei Geschäften zwischen Abteilungen und Divisionen eines Unternehmens verwendet werden.
Im Englischen werden sie als „transfer prices“ bezeichnet, weswegen man auch manchmal im Deutschen vom „Transfer Pricing“ spricht. Gemeint ist ebenfalls der Preis für Güter oder Dienstleistungen, die innerhalb eines Betriebs oder Konzerns ausgetauscht werden.
SIND VERRECHNUNGSPREISE WICHTIG?
Verrechnungspreise sind sogar sehr wichtig! Sie spielen eine entscheidende Rolle in der Kosten- und Leistungsrechnung von Unternehmen: Die Leistung von verschiedenen Abteilungen soll auf faire und konsistente Weise bewertet und zu verglichen werden. Durch diese Bewertung sind Verrechnungspreise auch ein Mechanismus zur Steuerung der Ressourcenallokation im gesamten Unternehmen.
Die Berechnung der internen Verrechnungspreise kann jedoch komplex werden, vor allem in multinationalen Konzernen mit vielen verschiedenen Geschäftseinheiten und Geschäftsbereichen.
Eine sorgfältige Berücksichtigung von Unternehmensstrategie, Geschäftsmodell, Wettbewerbslandschaft und regulatorischen Anforderungen ist daher erforderlich, um ein effektives und gerechtes System von internen Verrechnungspreisen zu etablieren.
WARUM MUSS MAN VERRECHNUNGSPREISE DOKUMENTIEREN?
Ganz einfach, weil es Pflicht für international tätige Unternehmen ab einer gewissen Größe ist. Sie müssen in dieser Dokumentation ihre Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen oder (Tochter)Gesellschaften offen legen und an die Finanzbehörden melden. Dies dient dazu, die Angemessenheit der Verrechnungs- bzw. Transaktionspreise innerhalb der Unternehmensgruppe zu überprüfen, die für die grenzüberschreitenden Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen angewendet werden.
Die Verrechnungspreisdokumentation besteht in der Regel aus zwei Teilen: der Stammdokumentation und der Länderdokumentation. Die Stammdokumentation enthält Informationen über die Geschäftstätigkeit, die Organisationsstruktur, die Verrechnungspreisstrategie und die Finanzlage der gesamten Unternehmensgruppe.
Die Verrechnungspreisdokumentation ist in vielen Ländern gesetzlich vorgeschrieben und muss den OECD-Richtlinien entsprechen. In Deutschland ist das Verrechnungspreisdokumentationsgesetz (VPDG) seit dem 1. Januar 2017 in Kraft. Es verpflichtet Unternehmen mit einem Gruppenumsatz von mehr als 750 Millionen Euro, ein Country-by-Country-Reporting (CbCR) abzugeben, das einen Überblick über die globale Verteilung der Einkünfte, Steuern und Geschäftsaktivitäten der Unternehmensgruppe gibt.
WELCHE ARTEN VON VERRECHNUNGSPREISMETHODEN GIBT ES?
Es gibt verschiedene Methoden zur Ermittlung von Verrechnungspreisen, jede mit ihren eigenen Vor- und Nachteilen, Anforderungen und Herausforderungen:
Die Preisvergleichsmethode vergleicht die Preise, die zwischen verbundenen Unternehmen vereinbart werden, mit den Preisen, die zwischen unabhängigen Unternehmen für vergleichbare Transaktionen gezahlt werden.
Die Wiederverkaufspreismethode vergleicht die Gewinnspanne, die ein verbundenes Unternehmen beim Weiterverkauf von Waren an unabhängige Kunden erzielt, mit der Gewinnspanne, die unabhängige Wiederverkäufer für vergleichbare Waren erzielen.
Die Kostenaufschlagsmethode vergleicht die Gewinnspanne, die ein verbundenes Unternehmen auf seine Kosten aufschlägt, wenn es Waren, Dienstleistungen oder immaterielle Vermögenswerte an ein anderes verbundenes Unternehmen liefert, mit der Gewinnspanne, die unabhängige Lieferanten für vergleichbare Transaktionen aufschlagen.
Der Auswahl der geeigneten Verrechnungspreismethode sollte eine gründliche Analyse und Bewertung der spezifischen Anforderungen und Ziele des Unternehmens vorausgehen.
WELCHE KONSEQUENZEN KANN EINE FEHLERHAFTE FESTLEGUNG VON VERRECHNUNGSPREISEN HABEN?
Da es keine einheitliche Regelung gibt, wie Verrechnungspreise zu ermitteln sind, müssen Unternehmen und Konzerne gegenüber den zuständigen Steuerbehörden genau aufschlüsseln, wie sie auf ihre Verrechnungspreise gekommen sind. Das soll Steuerhinterziehung vermeiden und kann unter Umständen erhebliche Steuernachzahlungen wegen verschobener Gewinne nach sich ziehen.
WANN MUSS MAN DIE DOKUMENTATION SEINER VERRECHNUNGSPREISE EINREICHEN?
Wir haben das schon häufiger erlebt: Das Finanzamt fordert die Dokumentation der Verrechnungspreise ein und setzt eine recht kurze Frist dafür. Das ist Standard, denn die entsprechenden Dokumente sollten eigentlich – und genau da liegt dann das Problem – jederzeit abrufbar sein. Wenn sie erst zum Zeitpunkt der Aufforderung erstellt werden, bricht Hektik aus, und zu schaffen ist es in den seltensten Fällen. Es drohen Verzugszahlungen und dadurch entsteht Druck, der eigentlich vermeidbar wäre, wenn die Dokumentation der Verrechnungspreise ordnungsgemäß erstellt und regelmäßig geprüft wird.
Wir stehen hierfür natürlich unseren Klienten jederzeit gerne mit Rat und Tat zur Seite!
WIE BEEINFLUSSEN VERRECHNUNGSPREISE DIE STEUERSTRUKTUR EINES UNTERNEHMENS?
Steuersparmodelle werden schwieriger bzw. komplexer, da Verrechnungspreise für den Austausch von Gütern und Dienstleistungen zwischen Profit Centern eines Unternehmens berechnet werden.
Dennoch lassen sich Verrechnungspreise innerhalb eines Konzerns, dem mehrere Unternehmen angehören, auch zur Steuerminimierung nutzen. Sie ermöglichen, dass Gewinne von einer Gesellschaft in eine andere verschoben werden können. Dies machen sich vor allem Konzerne zunutze, die in verschiedenen Ländern verbundene Unternehmen haben.
Da die Steuerbehörden aber natürlich genau wissen, dass Unternehmen Verrechnungspreise gerne für Gewinnverschiebungen und somit zur Steuerreduktion nutzen, schauen sie bei der Dokumentation derselben ganz genau hin. Umso wichtiger ist es, Verrechnungspreise ins Zentrum von internen Diskussionen innerhalb eines Unternehmens zu stellen und sie äußerst transparent zu dokumentieren.
Auch hierfür werden wir von unserem Klienten oft gebeten, sie darin zu unterstützen.
WIE KÖNNEN UNTERNEHMEN SICHERSTELLEN, DASS IHRE VERRECHNUNGSPREISE DEN ANFORDERUNGEN DER OECD-RICHTLINIEN ENTSPRECHEN?
Aus Erfahrung empfehlen wir, für die Dokumentation von Verrechnungspreisen oder zumindest für deren Überprüfung kompetente externe Dienstleister einzusetzen. Gerade weil das Thema eines ist, das gerne vernachlässigt wird, da es aufwändig und komplex ist.
Nicht nur wir selbst als anerkannte Steuerberatungsgesellschaft stehen hierfür zur Verfügung, sondern auch unser weltweites Netzwerk an InterGest Partnern, die die Regelungen im jeweiligen Land kennen und daher gut beraten können.
Wir betreuen Unternehmen gemeinsam und ganzheitlich, von der Muttergesellschaft zu den Auslandstöchtern und wieder zurück. Gerade Themen wie Verrechnungspreise sind im internationalen Geschäft eines, bei dem Kompetenz und Erfahrung gefragt sind.
Wussten Sie schon: Herr Colleselli, Steuerberater, wird als neuer Geschäftsführer das Team bei InterGest Germany zum 1. Januar 2024 verstärken und steht für die grenzüberschreitenden steuerlichen Fragestellungen als Spezialist zur Verfügung.